Eigenanzucht von Zierpflanzen und Gemüse für Haus- und Kleingärten

Allgemein

Wer nicht über geeignete Kulturräume wie Wintergarten oder Kleingewächshaus verfügt, sollte die Anzucht der Gemüse-, Beet- und Balkonpflanzen für die Frühjahrsbepflanzung dem Fachmann überlassen. Die Fensterbank eignet sich nur bedingt dazu. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Jungpflanzenanzucht sind ausreichende Stellfläche, gute Belichtung und Temperatursteuerung. Problem bei Eigenanzucht: unzureichende Belichtung, daher schlechte Pflanzenqualität durch übermäßiges Längenwachstum.
Bei Gemüseanzucht wird ausschließlich generativ durch Aussaat vermehrt. Beet- und Balkonpflanzen werden zum Teil generativ oder vegetativ durch Stecklinge vermehrt. Der Hobbygärtner muss sich also für eine Vermehrungsart entscheiden, die ihm geeignet erscheint.


Vermehrung von Gemüse durch Aussaat:

Vor der Saat sollte man sich überlegen, welche Gemüsearten kultiviert werden und wie viele Pflanzen man benötigt. Sinnvoll erscheint die Eigenanzucht auf diese Art nur für die frühen Pflanzungen unter Folie, im Kleingewächshaus oder Freiland. Sellerie, Lauch, Kohlarten, Salat, Paprika und Tomaten stehen für diesen Zweck zur Verfügung. Spätere Sätze können dann im Freiland angezogen werden. Saatgut sollte jedes Jahr neu erworben werden. Altes Saatgut keimt schlecht oder führt zu minderer Qualität. Saatgut aus eigener Ernte kommt weniger in Frage, da bei den häufig gepflanzten Hybridsorten die Nachkommen nicht mehr die Qualität der Ursprungssorten erreichen. Vorteilhaft wäre pikiertes Saatgut, das mit einer Schutzschicht und zum Teil mit einem fungiziden Wirkstoff umgeben ist, welcher Auflaufkrankheiten verhindert. Diese pillierten Samen können auch schon in Endabstand gesät werden, was aber einen größeren Platzbedarf erfordert. Die Größe der Saatgefäße richtet sich nach Anzahl gewünschter Pflanzen und Pflanzenart. In der Regel reicht ein 10er Topf ( oberer Durchmesser 10 cm).
Mitentscheidend für den Erfolg der Anzucht ist die Aussaaterde. Eine sterile, nährstoffarme, humose, durchlässige Erde ist Voraussetzung für eine gute Keimung und optimale Entwicklung der Jungpflanzen. Die Töpfe werden ca. 1 cm unter Topfrand mit Erde gefüllt. Eine gleichmäßige, nicht zu dichte Saat, die aus der Samentüte oder einem Papier erfolgt, ist ein weiterer Schritt der Anzucht. Als Faustzahl bei der Samenabdeckung gilt: Samendicke ist Abdeckdicke. Der weitere Kulturerfolg hängt von einer gleichmäßigen Bewässerung ab.
Nach der Keimung sind Licht und Temperatur ein wichtiger Faktor. Je wärmer, umso heller der Standort. Wenn die Keimblattentwicklung abgeschlossen und die ersten Laubblätter sichtbar werden, wird pikiert (vereinzelt). Entweder in Töpfe oder Pikierschalen. Was die jungen Pflanzen jetzt brauchen ist Wasser, Licht, Wärme und genügend Platz für eine gute Entwicklung. Vor dem Auspflanzen an den endgültigen Standort sollte eine Abhärtung durch Temperatursenkung und Belüftung nicht vergessen werden.


Vermehrung von Beet- und Balkonpflanzen durch Aussaat:

Bei der Aussaat von Beet- und Balkonpflanzen gelten die gleichen Regeln wie bei Gemüsesaat.
Sehr feines Saatgut oder Lichtkeimer werden nicht abgedeckt und erfordern noch mehr Aufmerksamkeit als grobes Saatgut von Gemüse oder Zierpflanzen. Feines Saatgut vermischt man am besten mit etwas Sand um nicht zu dicht auszusäen. Die richtige Keimtemperatur liegt meist zwischen 14-18°C (Angaben auf den Samentütchen beachten!) . Licht und Luft sind genau wie bei Gemüsesaat unerläßlich.
Pikiert wird auch hier wenn die Keimblätter entwickelt sind und das erste Laubblatt sichtbar wird. Wenn die Platzverhältnisse es erlauben kann sofort in einen 8 cm Topf pikiert werden, der bei Beet- und Balkonpflanzen oft schon der Endtopf ist. Sollte der 8 cm Topf nicht ausreichen um die Pflanzen fertig zu kultivieren, muß in einen entsprechenden Endtopf umgetopft werden. Die Pikiererde sollte etwas Dünger enthalten, um die Sämlinge ansprechend zu ernähren. Topferde ist natürlich noch stärker aufgedüngt. Entsprechende Erden sind im Handel erhältlich (z.B. Einheitserde, P = Pikiererde, T = Topferde). Von selbst produzierten Komposterden ist wegen Vermehrungspilzen, Unkraut und ungleichmäßiger Nährstoffversorgung abzuraten.


Vermehrung von Beet- und Balkonpflanzen durch Stecklinge:

Die vegetative Vermehrung durch Kopfstecklinge ist die einfachste und schnellste Art der Pflanzenvermehrung. Ideal wäre es, wenn man die Stecklinge im Frühjahr schneiden könnte. Steht ein Wintergarten oder Kleingewächshaus für die Mutterpflanzen zur Verfügung, schneidet man die Stecklinge im Januar-März. Ist dies nicht der Fall findet der Stecklingsschnitt ab August bis zum Abräumen der Sommerbepflanzung statt.
Beim Schnitt der Kopfstecklinge gilt als Faustzahl: 3 Blattpaare je Steckling. Der Schnitt sollte mit einem scharfen Messer unterhalb des Knotens erfolgen. Blüten, Knospen und gegebenenfalls Nebenblätter sollten entfernt werden.
Gesteckt wird in eine nährstoffarme durchlässige sterile Erde. Multitopfplatten oder kleine Töpfe eignen sich für diese Vermehrungsart sehr gut. Alternativ dazu bieten sich Torfpresstöpfe an. Diese in Tablettenform erhältlichen Presstöpfe werden in Schalen oder auf Stellflächen ausgelegt, gewässert und quellen dann zu einem gefüllten mit einem feinen Netz umgebenen Kulturgefäß auf.
Die Stecklinge werden dann 1-2 cm in die Erde mit einem leichten Druck eingesteckt, angegossen und hell und warm aufgestellt. Es empfiehlt sich die Stecklinge die erste Zeit nach dem Stecken als Verdunstungsschutz mit einer Folie abzudecken. Nach ca. 3-4 Wochen beginnt der Steckling zu wachsen, was auf eine Wurzelbildung schließen lässt. Handelt es sich um eine Frühjahrsvermehrung kann man zügig weiter kultivieren, d. h. je nach Bewurzelungsstärke umtopfen in den Endtopf, für Licht, Luft und genügend Stellfläche sorgen.
Will man kompakte Pflanzen, sollte man das frühzeitige Stutzen nicht vergessen (Entfernen des Mitteltriebes). Wird ein Hochstamm kultiviert müssen alle Seitentriebe frühzeitig entfernt werden bis die Pflanze die richtige Höhe erreicht hat. Dann wird der Mitteltrieb entfernt und mit den neuen Seitentrieben eine Krone aufgebaut.
Bei Herbstvermehrung sollte nach der Bewurzelung in den Endtopf getopft und je nach Licht, Temperatur und Stellfläche kultiviert werden. Hier gilt wie bei der Aussaat: Je heller um so wärmer kann die Anzucht erfolgen!
Wenn die Pflanzen in Einheitserde angezogen werden, kann man davon ausgehen, dass für die nächsten vier bis sechs Wochen genügend Dünger zur Verfügung steht. Dann sollte mit einem Flüssigdünger für Blütenpflanzen 2 g auf 1 Liter Wasser nachgedüngt werden.


Heinz.Metzger@dlr.rlp.de     www.gartenakademie.rlp.de